Ein Setting wird einerseits als soziales System beschrieben, das eine Vielzahl
relevanter Umwelteinflüsse auf eine bestimmte Personengruppe umfasst.
Andererseits ist es ein System, in dem die Bedingungen von Gesundheit und
Krankheit gestaltet werden können. Settings sind die Basis für die praktische
Anwendung von Maßnahmen, Projekten und Prozessen zur Organisationsentwicklung
der Gesundheitsförderung. Durch ihre Organisationsstruktur und ihre sozialen
Gefüge haben Settings einen entscheidenden Einfluss auf die dazugehörigen
Individuen und Statusgruppen. Beispiele für einzelne Settings sind Stadt,
Stadtteil, Kommune, Betrieb beziehungsweise Unternehmen, Krankenhaus, ambulante
Praxis, Pflegeeinrichtung, Familie, Kindertageseinrichtung, Schule und
Hochschule.
In der Literatur wird zwischen „Gesundheitsförderung in einem Setting“ und einem
„gesundheitsfördernden Setting“ unterschieden. „Gesundheitsförderung in einem
Setting“ hat eine lange Tradition und impliziert die klassische Durchführung von
Gesundheitsförderungsaktivitäten in einem spezifischen Setting zum Beispiel in
Form von Programmen und Projekten. Das Setting wird hierbei zur Erreichung einer
bestimmten Zielgruppe genutzt, um dort Angebote der Verhaltensprävention
anzubieten. Abläufe beziehungsweise Strukturen im Setting bleiben grundsätzlich
unverändert und bilden lediglich den Rahmen der Intervention.
Gängige Themenbereiche sind Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung. Ein
„gesundheitsförderndes Setting“ ist ein neuartiges Konzept, das einen Politik-
und Strategiewechsel durch die Einbeziehung aller Statusgruppen und
gesundheitsfördernder Aspekte in die täglichen Aktivitäten des Settings
beinhaltet. Komplexe und strukturelle Maßnahmen, zum Beispiel systemische
Organisationsentwicklung, Gestaltung der physischen und sozialen Umwelt sowie
klassische Maßnahmen der Gesundheitserziehung und -aufklärung, werden in einem
gesundheitsfördernden Setting gemeinsam umgesetzt. Ein „gesundheitsförderndes
Setting“ schließt „Gesundheitsförderung in einem Setting“ mit ein. Ein
anerkanntes Leitbild, die Zugehörigkeit zu einem Netzwerk sowie die Schaffung
von Allianzen machen zudem den qualitativen Unterschied zwischen
„Gesundheitsförderung in einem Setting“ und einem „gesundheitsfördernden
Setting“ deutlich.
Die Formulierung des Setting-Ansatzes war für die Entwicklung der
Gesundheitsförderung ein bedeutender Schritt, denn er ist die Antwort auf die
limitierten Erfolge traditioneller Aktivitäten zur Gesundheitserziehung. Auf der
ersten internationalen Konferenz zur Gesundheitsförderung in Ottawa, Kanada,
(1986) wurde in Anlehnung an die WHO-Strategie „Gesundheit für alle bis zum Jahr
2000“ die Stadt Toronto zur „Healthy City“ erklärt und damit die Grundlage für
das „Gesunde-Städte-Projekt“ der WHO geschaffen.
Zumeist von der WHO initiiert, gibt es seither Programme, die den Setting-
Ansatz in zum Beispiel Region, Unternehmen, Krankenhaus, Schule und Hochschule
in Form von einzelnen Projekten oder der Gründung von Netzwerken vorantreiben.
Die sieben internationalen Folgekonferenzen der WHO zur Gesundheitsförderung
haben den Setting-Ansatz als Kernstrategie der Gesundheitsförderung stets in ihr
Programm aufgenommen und in seiner Anwendung bestätigt und fortgeschrieben (vgl.
Abb. 3).
Abb. 3: | Entwicklung des Setting-Ansatzes der Gesundheitsförderung im Rahmen der internationalen Konferenzen zur Gesundheitsförderung und der WHO-Strategie „Gesundheit21“ (mod. nach Siebert 2006; WHO 2012; akt., Stand: 12/2012) |
In der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung heißt es, dass Gesundheit von den
Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt wird, dort wo diese
spielen, lernen, arbeiten und lieben. Die „Schaffung gesundheitsfördernder
Lebenswelten“ als eine der fünf zentralen Handlungsebenen sowie das „Vermitteln
und Vernetzen“ als eine der drei zentralen Handlungsstrategien der
Gesundheitsförderung heben die Bedeutung des Setting-Ansatzes für die
Gesundheitsförderung hervor. Grundsätzliches Anliegen dieses Ansatzes ist es,
gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen (Lebenswelten) zu schaffen, um
gesundheitlichen Chancenungleichheiten vorzubeugen. Als sozialräumliches und
sozialökologisches Konzept geht der Setting-Ansatz davon aus, dass die
Gesundheit der Menschen durch die Schaffung gewisser Lebensverhältnisse
gefördert werden kann.
Der Setting-Ansatz ist ein ressourcenorientierter Ansatz, das heißt, Programme
der Gesundheitsförderung setzen an vorhandenen Kommunikations- und
Handlungsmustern an. Der Ansatz ist intersektoral und multidisziplinär
ausgerichtet und gilt als dynamisch sowie systemisch. Aktivitäten werden nach
dem Setting-Ansatz möglichst so gestaltet, dass sich die Betroffenen aktiv am
gesamten Planungs-, Umsetzungs- und Entscheidungsprozess beteiligen können
(Partizipation). Dies bedeutet auch, dass Kompetenzen, die zum selbstbestimmten
und eigenverantwortlichen Handeln befähigen können (Empowerment), durch die
Beteiligten selbst vermittelt werden.
Beim Setting-Ansatz steht die Einführung von Gesundheit als Organisationsprinzip
im sozialen System im Vordergrund von gesundheitsförderlichen Aktivitäten.
Dadurch unterscheidet sich der Setting-Ansatz zum Beispiel von der
traditionellen Gesundheitserziehung, wo primär das Individuum im Mittelpunkt
steht. Der Setting-Ansatz ermöglicht die Verknüpfung von verhaltens- und
verhältnisbezogenen Maßnahmen. Im Sinne der Entwicklung eines
gesundheitsfördernden Settings arbeitet der Setting-Ansatz aus diesem Grund
unter anderem mit den Methoden der Organisationsentwicklung. In diesem komplexen
Prozess sind alle Ebenen einer Organisation durch Veränderungsprozesse
betroffen. Hierfür sind ein hohes Maß an Kompetenz für Managementprozesse (zum
Beispiel Projektmanagement) und Strukturentwicklung (zum Beispiel
Organisationsentwicklung) notwendig.
Im § 20 SGB V Abs. 1 und 2 wird der Setting-Ansatz als geeigneter Zugangsweg für
gesundheitsfördernde Maßnahmen und Aktivitäten betrachtet. Das Gesetz hat dazu
geführt, dass die gesetzlichen Krankenkassen in den letzten Jahren verstärkt
Anstrengungen unternommen haben, den Setting- Ansatz beratend und finanziell zu
fördern.
Der Sachverständigenrat für die Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
betont die Vorteile des Setting-Ansatzes, zum Beispiel durch den Zugang zu den
Zielgruppen sowie die Möglichkeiten, die Elemente der Verhaltens- und
Verhältnisprävention miteinander zu verknüpfen. Im Vordergrund steht die
Stärkung von Gesundheitsressourcen derjenigen Zielgruppen, deren
Gesundheitschancen durch sozial bedingte Ungleichheiten beeinträchtigt sind.
Seit dem GKV-Gesundheitsreformgesetz im Jahr 2000 ist dies Bestandteil des
Leistungsauftrages der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. Tab. 3). In der Regel
werden Interventionen unter diesem Blickwinkel in Kindertageseinrichtungen,
Schulen oder Stadtteilen vorgenommen. Die Diskussion über soziale Ungleichheit
im Zusammenhang mit Hochschulen ist noch nicht abgeschlossen, aber durchaus
relevant, wenn der § 20 a SGB V über die betriebliche Gesundheitsförderung
hinaus in Hochschulen zur Anwendung kommen soll. Es kann auf der einen Seite die
Auffassung vertreten werden, dass Hochschulen als letztes Glied der
Bildungskette kein Ort sozialer Ungleichheit im Sinne des § 20 a SGB V sind. Es
kann andererseits von dem Standpunkt aus geurteilt werden, dass in jeder
Organisation immer eine relative soziale Ungleichheit herrscht beziehungsweise
empfunden wird, die mit gesundheitlichen Einschränkungen verknüpft ist. Aus
einer weiteren Perspektive lässt sich die soziale Ungleichheit bereits beim
Zugang zum Hochschulsystem festmachen. Und zwar dadurch, dass in den
vorangegangenen Gliedern der Bildungskette (Grundschule, weiterführende Schulen)
die Kinder und Jugendlichen aus bildungsfernen Familien einen erschwerten Zugang
zum tertiären Bildungssektor haben.
Zusammenfassung Setting-Ansatz
Zusammengefasst ist der Setting-Ansatz durch folgende zentrale Merkmale
gekennzeichnet:
Bestimmung und Eingrenzung von Akteuren und Zielgruppen gesundheitsfördernder Maßnahmen
Entwicklung von gesundheitsrelevanten Kompetenzen bei allen Beteiligten durch einen aktivierenden, partizipativen und transparenten Prozess
Identifizierung von geeigneten Zugangswegen und Nutzung vielfältiger Ressourcen
komplexe Formen der Organisation, Evaluation und Standardisierung
Problematik von Effektivität- und Effizienzmessungen
relative Stabilität positiver gesundheitsbezogener Veränderungen
Vermeidung von Diskriminierungen der Zielgruppen
Verknüpfung des individuum- und strukturbezogenen Ansatzes im Sinne von Verhaltens- und Verhältnisprävention
Vorhandensein von hierarchie- und gruppenübergreifenden Kooperationsund Kommunikationsstrukturen
Wenn sie die Hürden überwinden, ist ein Unterstützungsbedarf auch bei
gesundheitlichen Fragen zu postulieren. Dies betrifft häufig auch chronisch
kranke Studierende sowie Studierende mit Behinderungen oder höherem
Integrationsbedarf. Letztendlich kann die Gruppe der Studierenden, die in der
Regel über geringe finanzielle Mittel verfügt, als Statusgruppe insgesamt als
benachteiligt etikettiert werden. Spätestens hier wird die Diskussion sehr
ambivalent, weil die geringen Finanzmittel ein gesellschaftlich akzeptiertes,
vorübergehendes Charakteristikum eines Studiums darstellen.
Abschließend ist anzumerken, dass derzeit kein umfassendes theoriegeleitetes
Erklärungsmodell für die Anwendung des Setting-Ansatzes existiert. In der Praxis
sind jedoch einzelne Theorien und Modelle aus unterschiedlichen
wissenschaftlichen Disziplinen verfügbar, aus denen bestimmte Aspekte und
Handlungsoptionen gezielt auf Setting- Aktivitäten im Sinne von Prävention und
Gesundheitsförderung übertragen werden können.